Donnerstag, 28. Februar 2013

Tschüss Deutschland - Hallo Korea

sodele...

Morgen ist es endlich so weit - ich bin wieder unterwegs...

Zunächst geht es für eine Woche nach Seoul, Korea zu meinem Freund, am 09.03.13 dann weiter nach Auckland, Neuseeland, wo ich am 10. ankomme.

Geschafft, Juchuuuu :D

Ich drück euch alle!
Kiri

Mittwoch, 6. Februar 2013

Tumor ade...

Die Wochen vor der Tumor-OP schleppten sich dahin. Glücklicherweise konnte ich die ganze Zeit arbeiten und hatte somit immerhin eine sinnvolle Aufgabe, die mich ablenkte.

Endlich war es soweit. Am Morgen des 10. Januars fuhr mein Vater mich zur Uniklinik Tübingen. Wie versprochen kam er nicht mit rein, sondern setzte mich nur vor dem Krankenhaus ab und fuhr dann zur Arbeit. Ich hatte in den letzten Tagen meine Familie schon darauf vorbereitet, dass ich die Angelegenheit lieber alleine hinter mich bringen würde. Immerhin war ich dafür extra nach Deutschland zurückgekommen, Händchen halten war wirklich nicht nötig.

Insgeheim hatte ich gehofft, dass die Operation noch am selben Abend stattfinden würde. Aber zu meiner Enttäuschung kam ich erst am nächsten Tag unters Messer. Dafür wurden noch einige MRT-Aufnahmen gemacht, um den Tumor genau zu lokalisieren, ich musste die Einverständniserklärungen unterschreiben und wurde über die OP belehrt. Hier fragte ich jedoch lieber nicht so genau nach und wollte auch nicht hören, was exakt gemacht werden würde. Manchmal ist es besser, nicht alles zu wissen und den Chirurgen zu vertrauen.

Es ist merkwürdig, sich in einem Krankenhaus zu befinden ohne krank zu sein, einen Kranken zu besuchen oder dort zu arbeiten. Wer legt sich schon am hellichten Tage ins Bett, wenn es ihm gut geht? (Die Mittagsschläfer mal ausgenommen.)
Sehr viele Möglichkeiten hat man aber leider auch nicht, sich anderweitig zu beschäftigen. Also holte ich mein Notebook hervor und schaute mir bis zur Dämmerung Dokumentationen an, die wir über die letzten Monate hinweg aufgenommen hatten und begann ein Hörbuch, das ich von einer Freundin für diesen Zweck geschenkt bekommen hatte.
Glücklicherweise hatte ich eine nette Bettnachbarin, die sehr diskret und zurückhaltend war. Sie machte nachts keine lauten Geräusche und versuchte nicht, mich zwanghaft in irgendwelche Gespräche zu verwickeln.

Wirklichen Hunger hat man auch nicht, wenn man sich nicht richtig bewegt - besonders dann nicht, wenn man von den letzten Monaten körperliche Arbeit gewohnt ist...
Das fahle, ungewürzte Klinikessen trug auch nicht gerade dazu bei, meinen unvorhandenen Appetit anzuregen und so stocherte ich etwas lustlos darin herum und versuchte, zumindest etwas davon in meinen Magen zu befördern, denn ab Mitternacht musste ich nüchtern bleiben. Nicht einmal Wasser durfte ich dann noch trinken.

Am nächsten Morgen bekam ich die Nachricht, dass es leider noch ein wenig dauern konnte, bis ich an der Reihe wäre. Vor mir waren noch zwei andere Patienten dran. Also beschäftigte ich mich weiter mit Hörbuch und Dokus.
Gegen zwei Uhr Mittags kam endlich eine Schwester und brachte mir mein OP-Outfit, das aus einem Paar weißer Stützstrümpfe mit offener Zehenkuppe, einem luftigen Flügelhemd mit Viereckmuster und einer flotten Netzunterhose bestand. Ausserdem wurde mir eine Beruhigungstablette verabreicht. Ich sah ein letztes Mal in den Spiegel und sagte einem Teil meiner Haare Lebewohl, denn ich wusste nicht, wie viele davon ich würde einbüssen müssen...
Um halb drei wurde ich dann in meinem Bett in den OP gefahren. Dort musste ich den fahrbaren Untersatz wechseln und auf eine schmalere Liege robben. Damit wurde ich in einen kleinen Raum geschoben, wo ich meine Narkose erhalten würde. Neue Venenkatheter wurden gelegt und ein Arzt erklärte mir den Vorgang.

Am meisten hatte mich immer schockiert, wenn Patienten berichteten, dass die Narkose bei ihnen nicht gewirkt habe und sie die ganze Operation, inklusive Schmerzen miterlebt hatten, ohne in der Lage gewesen zu sein, auf sich aufmerksam zu machen. Also fragte ich, woran er merken würde, dass ich tatsächlich schlafe und er meinte, dass er davon ausgehen könnte, wenn ich nicht mehr auf seine Fragen antwortete.
Der Eingriff würde mit etwas Glück ca. drei Stunden dauern.
Er hielt mir eine Maske entgegen, aus dem das Gasgemisch strömte und ich glaube, es dauerte tatsächlich nur ein paar Sekunden, bis ich bewusstlos wurde.

Als ich aufwachte (bzw. aufgeweckt wurde) war es bereits 10 Uhr abends. Mein Hals war wund und ich hatte einen schrecklichen Durst, also bat ich um Wasser, das mir jedoch verwehrt wurde. Es sei noch zu früh, erklärte mir ein Pfleger und brachte mir stattdessen einige Zitronenstäbchen als Mundbefeuchter. Sie waren immerhin eine willkommene Abwechslung und schmeckten wie Lemocin-Halstabletten, die ich als Kind so gerne gelutscht habe.
Mein Kopf war mit einem gewaltigen Druckverband umwickelt, der ihm die Größe einer Melone gab und eine Seitenlage unmöglich machte. Außerdem hatte ich einen Blasenkatheter gelegt bekommen, der die Bewegungsfreiheit zusätzlich einschränkte, sowie einen Herzkatheter durch den stetig ein Schmerzmittel floß und über den ich im schlimmsten Falle intravenös ernährt hätte werden können.

So dämmerte ich auf der Intensivstation einige Stunden vor mich hin und lauschte dem geschäftigen Treiben in den anderen, mit Vorhängen abgetrennten Bereichen. Bei dem Patienten neben mir wurde scheinbar in regelmäßigen Abständen irgendeine Flüssigkeit abgesaugt, aber ich versuchte mir nicht vorzustellen, worum es sich handelte, wenn wieder das schlürfende, gurgelnde Geräusch ertönte.
Zweimal musste ich mich erbrechen. Ich träumte von einem riesigen See kribbelndem Sprite, in den ich mich stürzen und nach Herzenslust trinken konnte. Ich lechzte nach Flüssigkeit.
Und endlich war es mir gestattet. Ich bekam eine Flasche Sprudel und eine Schnabeltasse. Die ersten Schlucke waren die köstlichsten, die ich je in meinem Leben getrunken habe.

Meine Pfleger und Schwestern wechselten drei Mal, bis ich irgendwann am nächsten Tag aus der Intensivstation entlassen und zu einem erneuten MRT gebracht wurde, bei dem kontrolliert wurde, ob sich zu viel Blut in der Wunde sammelte. Bei dieser Gelegenheit wurde ich auch immerhin von dem Herzkatheter befreit. Er war mit zwei Stichen an meinem Hals angenäht, aber ich spürte es kaum, als sie gezogen wurden. Die Schwester bat mich, einmal kräftig zu husten und schon war ich das Ding los. Hätte ich es gesehen, bevor es mir gelegt worden wäre, hätte ich wohl ein wenig Muffensausen gehabt. Es bestand aus drei langen Schläuchen und davon sah eigentlich keiner so aus, als passe er durch eine Schlagader.

Scheinbar war in meinem Kopf alles in Ordnung, denn danach kam ich wieder zurück in mein normales Zimmer. In der ersten Nacht bekam ich noch künstlich Sauerstoff durch einen Nasenschlauch.
Ich verbrachte insgesamt nur sieben Tage stationär. Einmal besuchten mich meine Eltern und einmal Freunde. Dazwischen gaben sich die Ärzte die Klinke in die Hand. Zusammen mit meiner Therapeutin und einer anderen Patientin die exakt die gleiche OP hinter sich hatte, machte ich drei Tage nach dem Eingriff meine ersten Schritte, nachdem endlich auch der Blasenkatheter entfernt worden war.
Kurz darauf musste ich auch den Druckverband nicht mehr tragen und bekam stattdessen einige Pflaster über die Naht geklebt.

Ich hatte mir die Narbe zum einen etwas Eindrucksvoller vorgestellt, zum anderen gehofft, sie sähe weniger aus wie bei Chucky. Nüchtern gesehen, hatten die Chirurgen natürlich erstklassige Arbeit geleistet. Die Wunde war sauber, es gab keine hässlichen Verfärbungen durch innere Blutungen und sie war gut genäht. Aber dennoch war es ein ungewohnter Anblick, denn die Naht war ca. 15 cm lang und erstreckte sich entlang meines Haaransatzes auf der Stirn von meiner rechten Augenbraue, über die Schläfe bis hin zu meinem linken Ohr. Sie hatten mir ungefähr sechs Zentimeter meiner Haare abrasiert und extra so geschnitten, dass die nachwachsenden Haare die Narbe mit der Zeit vollständig überdecken würden.
Schon in wenigen Monaten wird man sie wohl nur noch erfühlen können.



Beim Aufstehen wurde es mir in den ersten Tagen noch leicht schwindelig und ich musste alles sehr ruhig angehen lassen. Ich lieh mir von meiner Bettnachbarin sogar den Rollator und tapste wie eine 90-jährige unbeholfen herum. Aber nach und nach wurde ich wieder sicherer auf den Beinen und mein Gleichgewichtssinn gewöhnte sich an die Situation. Ich musste jedoch noch eine ganze Weile darauf achten, beim Bücken den Kopf nicht nach unten hängen zu lassen, denn dann kam der Schwindel zurück.
Meine Haare durfte ich leider erst zwölf Tage nach dem Ziehen der Fäden zum ersten Mal wieder waschen. Dabei stanken sie unangenehm nach dem Blut, das während der OP nach hinten gelaufen war und ihnen die Struktur von ungekochten Ringelnudeln gab.
Das Entfernen der Fäden an sich war überhaupt nicht schmerzhaft, es zupfte nur ein wenig, da meine Kopfhaut auf und direkt hinter der Narbe noch taub war. (Das ist sie noch immer)

Anmerkung:
Inzwischen sind drei Wochen vergangen und die ersten Stoppel bereits einen Zentimeter lang. Die Wunde ist im Großen und Ganzen wunderschön verheilt, so dass nur noch ein rosa Strich zu sehen ist. An einigen Stellen ist die Narbe jedoch wulstig und es gibt drei kleine Bereiche, die noch immer verschorft sind. Zur Zeit wachsen direkt auf der Narbe noch keine Haare, aber das wird schon noch. Bei meiner Platzwunde hat es auch eine ganze Weile gedauert!
Ich bin erstaunt, wie schnell ich wieder auf die Beine gekommen bin. Schwindelprobleme habe ich überhaupt nicht mehr und vertraue meinem Körper im Allgemeinen wieder. Mein Alltagsleben habe ich auch wieder aufgenommen, allerdings bin ich noch immer krank geschrieben und werde es wohl nicht schaffen, noch einen Job zu finden, bevor ich wieder fahre.

Vorletzten Freitag habe ich nämlich meinen Rückflug nach Neuseeland gebucht! :)

Am 1. März werde ich nach Seoul fliegen, um dort meinen Freund für eine Woche zu besuchen. Am 9. geht es dann ohne Zwischenstopp nach Auckland, wo ich hoffentlich planmäßig am 10. März eintreffen werde.

Soweit hier in Deutschland nichts Weltbewegendes mehr passieren sollte, liest man sich dort wieder. ^^

Bis dann
Kiri